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Projekte der Deutschen Forschungsgemeinschaft

Vor kurzem wurden wieder zwei Projekte der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) bewilligt. Die verantwortlichen Lehrstühle Ökonometrie und Statistik von Prof. Dr. Demetrescu und Wirtschafts- und Sozialstatistik von Prof. Dr. Jentsch stellen ihre neu bewilligten Projekte vor.

Der Lehrstuhl für Wirtschafts- und Sozialstatistik arbeitet beim neuen DFG-Projekt thematisch zu Netzwerkinferenz. Das Ziel des Projekts ist es neue Modelle für Netzwerkdaten und statistische Methoden zur Schätzung, Validierung und Inferenz zu entwickeln. Hierfür arbeitet der Lehrstuhl zusammen mit Forschenden der Universität Leipzig.

Der Lehrstuhl für Lehrstühle Ökonometrie und Statistik arbeitet an einem DFG-Projekt, welches sich mit der Bedeutung von systemischen Risiken und deren Vorhersagen auseinander setzt.

Ziel des Projekts ist es, robuste Prognosemethoden für ausgewählte Maße für systemisches Risiko zu entwickeln und Risikotreiber zuverlässig zu identifizieren. Kooperationspartner dieses Projekts sind Forschende der Universität Duisburg-Essen.

Nachfolgend werden die Projekte in ihrem Forschungsvorhaben und ihrer Relevanz ausführlicher erläutert.

DFG-Projekt: Netzwerkinferenz
Die statistische Analyse von Netzwerkdaten spielt eine wichtige Rolle in vielen Bereichen, unter anderem in der Volkswirtschaftslehre und den Sozialwissenschaften. Viele
statistische und wahrscheinlichkeitstheoretische Aspekte wurden bereits in klassischen Lehrbüchern diskutiert und bilden seitdem ein aktives Forschungsfeld. Es gibt insbesondere zwei Schwierigkeiten, die asymptotische Analysen im Vergleich zu klassischen Datensätzen erschweren: Die Zusammenhänge im Netzwerk induzieren statistische Abhängigkeiten und
es wird typischerweise nur ein einziges Netzwerk beobachtet. Diese Probleme treten an vielen Stellen auf, sind aber besonders problematisch, wenn es um Schätzung, (Bootstrap) Inferenz und Modelldiagnostik geht. In unserem Antrag wollen wir diesen Problemen begegnen, indem wir die Idee lokaler Abhängigkeitsstrukturen nutzen: Knoten, die im Netzwerk „weit voneinander entfernt liegen“, können als unabhängig betrachtet werden.

Wir studieren Inferenz in Modellen für zufällige Netzwerke mit Knotenattributen. Dies erlaubt z.B. die Modellierung von Interaktionen von Menschen, die über soziale Medien verbunden sind, unter Berücksichtigung ihres Arbeitsplatzes. Im ersten Schritt untersuchen wir nicht-parametrische und parametrische Schätzung in einem neuen Graphon Modell, welches für genau solche Daten geeignet ist. Hierbei wollen wir insbesondere rechenintensive diskrete Optimierung vermeiden, aber dennoch gute Konvergenzraten erzielen. Danach betrachten wir verschiedene Bootstrap-Methoden für Netzwerke. Die erste Methode basiert auf unserem neuen Graphon Modell und erlaubt das gemeinsame Resampling von Netzwerk und Knotenattributen. Die zweite Methode nutzt lokale Abhängigkeitsideen, um den Block-Bootstrap auf Netzwerke zu erweitern, indem neu gezogene Teilgraphen ähnlich wie im Configuration Model neu miteinander verknüpft werden. Wir studieren Bootstrap-Konsistenz beider Methoden in verschiedenen Situationen. Solche Ergebnisse sind essenziell für die Entwicklung von Inferenzmethoden. Außerdem studieren wir Goodness-of-Fit Tests für
Graphon Modelle und online Monitoring Verfahren für dynamische Netzwerke basierend auf den bereits erwähnten Graphon Modellen. Schließlich untersuchen wir die Schätzung von Counter-Factual Treatment Effects in Beobachtungsstudien mit Netzwerkinterferenz bei Interventionen, die die Netzwerkstruktur verändern. Hierbei wollen wir sogenannte Spillover- und Peer-Effekte zulassen und wir wollen die übliche Annahme unabhängiger Cluster vermeiden.

Während der Arbeit an allen Arbeitspaketen sind uns zwei Punkte besonders wichtig: Zum einen wollen wir eine rigorose mathematische Theorie entwickeln, zum anderen wollen wir Softwarepakete für unsere neuen Modelle schreiben. Auf diese Weise können angewandte Wissenschaftler*innen unsere Methoden auf ihre Daten anwenden, aber unsere Ergebnisse können auch als Startpunkt für die theoretische Analyse verwandter Modelle dienen.

DFG-Projekt: Systemische Risiken
Ständig wiederkehrende Finanzkrisen illustrieren die Bedeutung von systemischen Risiken und deren Vorhersage. Im Rahmen des Projekts sollen in einem ersten Schritt neue Prognosemodelle für systemische Risikomaße vorgeschlagen werden. Eine besondere Wichtigkeit kommt dabei der Auswahl geeigneter Prädiktoren zu. Zu den in der Literatur vorgeschlagenen Prädiktoren gehören die Inflation, Renditen auf 10-jährige Staatsanleihen und die Volatilität in Aktienmärkten. Jedoch weisen viele dieser erklärenden Variablen unterschiedlich starke Abhängigkeit über die Zeit auf. Dies hat zur Folge, dass Signifikanztests auf den prädiktiven Gehalt dieser Variablen das Niveau nicht einhalten, so dass eine Auswahl geeigneter statistisch signifikanter Prädiktoren unmöglich wird. Deshalb sollen in einem
zweiten Schritt des Projekts Verfahren entwickelt werden, die mit unterschiedlich stark abhängigen Prädiktoren umgehen können. Dadurch soll eine statistisch fundierte Auswahl von Prädiktoren des systemischen Risikos ermöglicht werden. Der dritte Schritt beleuchtet dann die Rolle von Brüchen in der Varianz (also der Schwankungsbreite) der erklärenden Variablen auf die statistisch solide Auswahl der Prädiktoren. Solche Brüche in der Variation werden häufig für ökonomische Größen beobachtet (wie z.B. oben genannte Inflation) und sind daher ein empirisch relevantes Phänomen. Daher ist es von Interesse die Signifikanztests für die Prädiktoren auch gegenüber Varianzbrüchen zu "robustifizieren", was Aufgabe des dritten Projektteils ist.